Belarus nimmt zwischen Westeuropa und Russland eine geografische Brückenfunktion ein. Die Sprach- und die Kulturförderung in dem seit 1991 unabhängigen Staat sind deshalb eine wertvolle Grundlage für die deutschen Beziehungen in Richtung Osten. Deutschland war das erste westeuropäische Land, das die Republik Belarus offiziell anerkannte, und zwar anlässlich eines Besuch des des damaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher am 13. März 1992. Seitdem ist vieles geschehen. Die Kontakte beider Länder und die Möglichkeiten, in Belarus Deutsch zu lernen, wurden vor allem durch den DMD und das Goethe-Institut ausgebaut.
Aber auch private und kommunale Initiativen haben ihren Anteil am Austausch. Auch Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache e.V. sind hier aktiv. In der Stadt Mogiljow im Osten des Landes organisiert z. B. der VDS-Regionalleiter Dr. Wladimir Stawski regelmäßig Austauschprojekte. Prof. Dr. Edgar Weiler, Leiter der VDS-Arbeitsgruppe „Deutsche im Ausland“, ist Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft Deutschland – Belarus e. V. (www.fg-db.de).
Seit 1994 gibt es die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ (IBB) in Minsk, zu der auch ein Konferenzzentrum und ein – in Minsk stadtbekannt gutes – Restaurant mit dem Namen „Westfalia“ gehören, in dem schon manches Minsker Paar Hochzeit gefeiert hat. Wirklich erwähnenswert ist auch das dem Bildungszentrum angeschlossene IBB-Hotel, das guten deutschen Standard zu vertretbaren Preisen bietet und auch über das Internet gebucht werden kann. Viele deutsche Delegationen kehren dort ein. Eine Besonderheit für Minsk: Das – überaus freundliche, hilfsbereite und zuvorkommende – Personal spricht, neben Russisch und Englisch, auch Deutsch.
Das IBB wurde maßgeblich vom Land Nordrhein-Westfalen finanziert, zusätzlich aber durch die Spenden von Privatleuten, oft von solchen, deren Großväter oder Väter an der Ostfront waren oder auf dem Gebiet des heutigen Belarus im Kriege gefallen sind. Jährlich finden dort rund 1000 Veranstaltungen mit bis zu 20.000 Teilnehmern statt. Im Gebäude haben auch viele Organisationen ihre Niederlassungen, die den gegenseitigen Austausch zwischen Belarus und Deutschland fördern, u. a. der Deutsche Industrie- und Handelstag und der Deutsch-Belarussische Wirtschaftsclub, aber auch viele private Firmen aus Deutschland. Die Schwesterorganisation des IBB Minsk hat ihren Sitz übrigens in Dortmund, wo auch der Verein Deutsche Sprache e. V. residiert.
Besonders die Völkerverständigung mit Blick auf die Geschehnisse während des Zweiten Weltkriegs hat sich das IBB vorgenommen. Das ehemalige Konzentrationslager Maly Trostinez ist nur wenige Kilometer von Minsk entfernt. Gemeinsam mit dem IBB Dortmund und mithilfe von Spenden wurde dort im Jahre 2013 eine deutsch/ belarussische Mahn- und Gedenkstätte errichtet.
Das IBB Minsk beschäftigt sich aber auch mit ganz aktuellen Themen, wie etwa dem Dialog zwischen Kirche und Gesellschaft, sozialer Arbeit, und vor allem auch Nachhaltigkeit und Umweltpolitik. In einer „Geschichtswerkstadt Tschernobyl“ erinnert das IBB an die Reaktorkatastrophe des Jahres 1986.
Dieser Artikel erschien am 01.06.2020 auf Seite 2 in der Ausgabe II / 2020 der „Sprachnachrichten“ zum Thema „IBB-Minsk“
Den Zeitungsartikel finden Sie hier: https://edgarweiler.de/wp-content/uploads/2020/06/Artikel-Sprachnachrichten.pdf